10. April 2024

Hannover Messe: Gaia-X-Projekte präsentieren wegweisende digitale Geschäftsmodelle

Bild: Auf der Hannover Messe 2024 zu sehen – die Simulation einer Reparatur im Autowerkstatt 4.0-Ökosystem.

Nach fast zweieinhalb Jahren pionierhafter Entwicklungsarbeit zeigen die elf Projekte des Gaia-X Förderwettbewerbs beispielhaft, wie datengetriebene Geschäftsmodelle in unterschiedlichen Branchen funktionieren können. Ein visionärer Blick auf die Datenökonomie der kommenden Jahre.

Mit (den eigenen) Daten Geld verdienen – das wird für Unternehmen zunehmend wichtiger. In Zeiten einer disruptiven, digitalen Transformation ist das in vielen Fällen überlebenswichtig. Hier stellen sich Unternehmen und gerade KMUs viele Fragen – beginnend bei der Konzeption einer ersten Geschäftsidee, über die technischen, organisatorischen und rechtlichen Rahmenbedingungen bis hin zum funktionierenden Geschäftsmodell.

Expert:innen aus den Projekten des Gaia-X-Förderwettbewerbs zeigen auf der Hannover Messe anhand von physischen Demonstratoren und Präsentationen, wie datenbasierte Anwendungen und Dienste Innovationen und neue Geschäftschancen für die ganze Breite der Wirtschaft eröffnen.

Branchenübergreifende Gaia-X-Lösungen

EuroDaT (Finanzwirtschaft und weitere): transaktionsbasierter Datentreuhänder

Als erstes Förderprojekt hat EuroDaT seine Regelförderzeit erfolgreich abgeschlossen und führt derzeit seinen neu entwickelten transaktionsbasierten Datentreuhänder und darauf aufbauende Dienste im Markt ein. Der neutrale Datentreuhänder macht es möglich, sensible und personenbezogene Daten rechtssicher zusammenzuführen. Innovativ daran ist, dass die Auswertungen der Daten vollständig „gekapselt“ erfolgt. Den Empfänger erreichen nur Transaktionsergebnisse, die Rohdaten sind zu keinem Zeitpunkt für den Treuhänder oder für einen der Beteiligten einsehbar.

OpenGPT-X (KI): große KI-Sprachmodelle für europäische Businesslösungen

Die Experten bei OpenGPT-X entwickeln und trainieren große KI-Sprachmodelle, um innovative Sprachanwendungsdienste für die europäische Wirtschaft und Verwaltung voranzutreiben. Sie sollen kostengünstig und unkompliziert neue Geschäftsmodelle und sprachbasierte Dienste ermöglichen. Eine Besonderheit dieser Sprachmodelle liegt in der einfachen Anpassungsmöglichkeit, insbesondere auch für kleinere Sprachgemeinschaften. Zudem kann die Datenspeicherung und -verarbeitung nach höchsten europäischen Standards garantiert werden.

Auf dem Messestand zeigt ein Video das Sprachmodell im Praxiseinsatz: So erleben Besucher:innen wie die KI Fragen zu einem Kostenvoranschlag für Kfz-Reparaturen beantwortet, als Hilfe-Chatbot bei der Kfz-Schadensmeldung „arbeitet“ oder automatisch Fußballberichte aufgrund von Spielverlaufsdaten und Hintergrundinformationen erstellt. Außerdem ist zu sehen, wie das Sprachmodell Nutzerfragen zur Konfiguration von Kfz-Modellen beantwortet.

TELLUS (Industrie 4.0): optimierte Netzwerkübertragung und Infrastruktur für individuelle Anforderungen

Beim Projekt TELLUS geht es um kritische Geschäftsprozesse mit besonders hohen Anforderungen an Latenz, Bandbreite oder Resilienz. Diese können über die technische Anbindung und Integration heterogener Netzwerkstrukturen mit einer optimalen Leistungsfähigkeit umgesetzt werden.​ Neu ist die Entwicklung eines Network-as-a-Service, bei dem Leistungs- und Sicherheitsmerkmale über den gesamten Netzwerkübertragungsweg Ende-zu-Ende garantiert sind.

TELLUS führt in Hannover einen Roboterhund als Echtzeitanwendung vor. Dieser wird mittels eines intelligenten Handschuhs ferngesteuert. Die Datenübertragung erfolgt über den TELLUS-Standard, das heißt, die Latenz schwankt nur in einem zuverlässigen Rahmen. Mit einem zweiten Demonstrator präsentiert TELLUS die Relevanz mithilfe eines Roboterarms zur Umsetzung und Steuerung digitaler Zwillinge.

Gaia-X-Lösungen für Branchen mit besonderen Anforderungen

Autowerkstatt 4.0 (Mobilität): herstellerunabhängiger, interoperabler Diagnose-Datenraum für Kfz

Beim Projekt Autowerkstatt 4.0 geht es um eine KI-gestützte Fehlerdiagnose bei Kraftfahrzeugen und den Aufbau eines Datenraums für den sicheren Austausch von spezifischen Daten und KI-Modellen für die Werkstattbranche. Speziell entwickelte Oszilloskope im Motorraum liefern hierbei Daten für eine genauere Schadensdiagnose. So lassen sich unnötige Reparaturen vermeiden und Ressourcen im Sinne einer nachhaltigen Wartung schonen.

Autowerkstatt 4.0 simuliert in seiner Präsentation eine Autoreparatur in der Werkstatt. Dabei gibt ein Oszilloskop einen typischen Fehlercode aus, den der AW 4.0 Werkstatt Hub auswertet, begleitet von konkreten Empfehlungen für das weitere Vorgehen. Ein 3D-Modell veranschaulicht dabei den Weg der Daten im Autowerkstatt 4.0-Ökosystem zwischen Werkstätten, KI-Anbieter und Messystemherstellern.

COOPERANTS (Luft- und Raumfahrt): effiziente Arbeitsmethoden für die Luft- und Raumfahrt

Dass Projektpartner über eine Plattform Daten und technisches Know-how unter besonders hohem Schutz austauschen können und gleichzeitig von verschiedenen Standorten aus am selben Projekt zusammenarbeiten, hat sich COOPERANTS zum Ziel gesetzt. Der entstehende Datenraum ist an die Besonderheiten der Branche angepasst: Er ermöglicht den hochsicheren Austausch wertvoller Daten und berücksichtigt Dual-Use Aspekte, den Einsatz für zivile sowie militärische Zwecke, Regularien der Exportkontrolle sowie die Fertigung von Einzelteilen oder Kleinserien.

Bei COOPERANTS können Besucher am Stand des Gaia-X Hub Germany beobachten, wie der Service „Holo Assist“ die Planung von Arbeitsschritten mit Hilfe computergestützter, erweiterter Realität (Augmented Reality) vereinfacht. Der „Digital Cleanroom“ (Digitaler Reinraum) bietet eine Umgebung für Raumfahrtprojekte, in der mit modernster Technologie effizient und nahtlos im Team kommuniziert und gearbeitet werden kann

Marispace-X (Geoinformation): Aufbau eines ganzheitlichen digitalen Ökosystems der Ozeane

Marispace-X arbeitet an einem digitalen maritimen Datenraum, der es Akteuren aus Industrie, Wissenschaft, öffentlicher Verwaltung und NGOs erlaubt, aus dem Meer gewonnene Daten souverän, sicher und effizient zu verwalten, zu teilen und zu analysieren. Neu dabei: Dieser Datenraum ermöglicht den Zugriff auf große, bisher nur schwer zugängliche Meeres-Datensätze sowie neue Wege in der maritimen Big-Data-Verarbeitung und Analyse von Sensordaten über Edge-, Fog- und Cloud-Computing.

Mit seinem Offshore-Wind-Use Case zeigt das Projekt wie die Prozessketten der Offshore-Industrie so beschleunigt werden, dass großskalierte, hochkomplexe digitale Unterwasserdaten verarbeitet und kritische Unterwasser-Infrastruktur mittels KI geschützt werden können. Dabei wird die Idee eines maritimen Datenraums greifbar. Ein Diorama veranschaulicht unter anderem, wie Unterwasserdrohnen zum Schutz von Unterwasserinfrastruktur beitragen können.

Mit Gaia-X zu mehr Souveränität in Gesundheitsdatenräumen

HEALTH-X dataLOFT (Gesundheitswesen): transparenter und sicherer Austausch von Gesundheitsdaten

Eine legitimierte, offene und föderierte Plattform, in der Daten aus dem primären und sekundären Gesundheitsmarkt zusammengeführt werden, ist das Ziel von HEALTH-X dataLOFT. Diese Daten können Einzelpersonen oder berechtigte Akteure des Gesundheitswesens nutzen. Mit diesem Ansatz stellt das Projekt die Bürger:innen in den Mittelpunkt. Über die Plattform erhalten sie Zugriff auf ihre eigenen Gesundheitsdaten und können diese souverän und datenschutz-konform mit Forschenden, Ärzten, Fachpersonal, Krankenhäusern oder Unternehmen teilen.

In ihrer Präsentation zeigt das Projekt wie Probant:innen ihre Daten teilen und für spezielle Anwendungen zur Verfügung stellen können.

TEAM-X (Gesundheitswesen): verbesserte Versorgung in der Pflege und im Gesundheitsbereich

Auch TEAM-X arbeitet an einem geschützten und vertrauenswürdigen digitalen Datenökosystem. Das Projekt will Gesundheits- und Pflegedaten von Patient:innen miteinander verbinden. Die Bürger:innen entscheiden jeweils souverän über den Austausch ihrer persönlichen Daten mit anderen Akteuren aus dem Gesundheits- und Pflegebereich. So entstehen neue Lösungen, Anwendungen und Dienste für die Vernetzung von Daten aus den Bereichen Gesundheit und Pflege unter Berücksichtigung ethischer, rechtlicher und sozialer Aspekte.

Der digitale Demonstrator von TEAM-X zeigt, wie Team-X Gesundheitsdaten von Bürger:innen verfügbar macht und wie sie diese beispielsweise für Studien per Mausklick teilen können.

Gaia-X-konforme Lösungen für Verwaltung / öffentliche Bereiche

iECO (Planen / Bauen / Betreiben): gemeinsamer Datenraum für die Bauwirtschaft

Das Projekt iECO will Daten entlang der gesamten Wertschöpfungskette und über Unternehmensgrenzen hinweg rechtssicher und standardisiert teilen können, um den hohen Abstimmungsaufwand zu senken und die Produktivität der Baubranche zu erhöhen. Durch einen Geplant ist, alle Prozesse in der Wertschöpfungskette von der Genehmigung bis zum Abriss am Modell eines Digitalen Zwillings für den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes abzubilden.

Auf der Messe stellt iECO seinen Regelchecker vor und erklärt dessen Funktionsweise anhand von praktischen Beispielen.

MERLOT (Bildung): nachhaltige Gestaltung des Bildungsdatenraums

Mit MERLOT entsteht ein Marktplatz für bildungsbezogene Dienstleistungen, der Datensouveränität für alle Dateneigentümer zu jeder Zeit garantiert und interoperabel gemäß internationalen Standards arbeitet. Durch eine nachhaltige Entwicklung sollen datengetriebene Geschäftsmodelle ermöglicht und innovative digitale Dienste (KI) entwickelt werden. Neu ist die souveräne Beteiligung des Endnutzers. Da bei MERLOT die zentrale Speicherung entfällt, bleiben die Daten bei den Anwender:innen. Dank Gaia-X können sie souverän über die Art und den Umfang der Verwendung durch Dritte entscheiden.

MERLOT führt seinen Marktplatz mit der zugehörigen App vor und demonstriert die Einsatzmöglichkeiten für Nutzer:innen.

POSSIBLE (Öffentlicher Sektor): nutzerfreundliches Datenökosystem für einen selbstbestimmten Umgang mit Daten und datenbasierten Diensten​

Das Projekt POSSIBLE entwickelt ein Daten- und Service-Ökosystem, in welchem Daten und Services souverän bereitgestellt und genutzt werden können. Innovativ dabei: Das Vorhaben unterstützt eine dezentrale Datenhaltung und den souveränen Datenaustausch. Dank interoperabler Schnittstellen lassen sich vorhandene Datensilos (zum Beispiel in verschiedenen Institutionen) einfach und kostengünstig anbinden. So wird ein unkomplizierter, sicherer Austausch bislang unzugänglicher Datensätze möglich. Ebenso die Nutzung dieser Daten in Form von Smart-Services und Mehrwertdiensten.​

Die praktische Umsetzung zeigt ein Click-Dummy-Demonstrator des Datenraums auf der Hannover Messe.

Wir freuen uns auf Ihren Besuch an unserem Stand Halle 8, F25!

Neben den Projekten aus dem Gaia-X-Förderwettbewerb präsentieren sich den Messebesucher:innen in Halle 8, Stand F25 noch weitere Projekte zum Thema Datenräume und Cloud-Infrastruktur der nächsten Generation. Diese stellen wir in unserem Blogbeitrag zum Gaia-X Community Stand vor.

Verfasst von Benigna Daubenmerkl