Wie viele andere Branchen befindet sich der maritime Sektor in einem Transformationsprozess, der zunehmend den Einsatz innovativer Technologien und datenbasierter Services erfordert. Beim Förderprojekt Marispace-X entstehen
Welche enorme Bedeutung die maritime Wirtschaft für die gesamte Welt hat, zeigte sich auf der diesjährigen Nationalen Maritimen Konferenz am 14. und 15. September in Bremen besonders deutlich. Denn auf drängende Zukunftsfragen wie die der Energiewende, des Klima- und Umweltschutzes oder der Sicherstellung der Rohstoffversorfung kann dieser Sektor wichtige Antworten geben. Die Meerestechnik, Offshore-Windenergie sowie die maritime Forschung stellen Kernbereiche dafür dar.
Zur Veranstaltung waren unter anderem Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck angereist, um mit Vertreter:innen der Branche über die Chancen und Herausforderungen der maritimen Wirtschaft zu sprechen. Vor allem die Themen Nachhaltigkeit, Klimaschutz, internationale Wettbewerbsfähigkeit, der Schutz kritischer Infrastrukturen und Digitalisierung bewegen die Branche.
Transformation erfordert Vernetzung von Daten
Gerade der Einsatz digitaler Technologien und datenbasierter Anwendungen wie Künstliche Intelligenz (KI) kann eine entscheidende Rolle dabei spielen, die maritime Wirtschaft in diesen Bereichen voranzubringen. Dafür bedarf es vor allem einer fundierten Datengrundlage, aber auch der Möglichkeit große Mengen an maritimen Daten miteinander zu vernetzen und zwischen den beteiligten Akteuren aus Industrie, Wissenschaft, Verwaltung und Organisationen auszutauschen.
Doch viele dieser Daten sind derzeit entweder noch nicht verfügbar oder nur sehr schwer zugänglich. Ein Großteil der Daten, die bereits über oder unter Wasser, zum Beispiel über Satelliten oder Sensoren gewonnen werden, liegt oft in getrennten und in sich geschlossenen Silos bei den einzelnen Akteuren.
Digitaler maritimer Datenraum mit Gaia-X
Das Förderprojekt Marispace-X hat sich zum Ziel gesetzt, diese Daten verfügbar und nutzbar zu machen. Auf der Basis von Gaia-X soll ein maritimer Datenraum entstehen, der es Unternehmen, Forschungseinrichtungen, Behörden oder Nichtregierungsorganisationen in Zukunft erlaubt, Daten gemäß europäischen Standards und Werte souverän, sicher und effizient zu verwalten, zu teilen und zu analysieren. Darauf aufbauend wird es den verschiedenen Akteuren möglich sein, datengetriebene Geschäftsmodelle zu entwickeln.
Die Vorteile eines solchen Datenraums für die maritime Wirtschaft erschließen sich über die konkreten Anwendungsbeispiele, die im Rahmen des Projekts Marispace-X realisiert werden.
Marispace-X entwickelt vier konkrete Anwendungsbeispiele
Beim Use Case Internet of Underwater Things (IoUT) sammeln und verarbeiten Unterwasserfahrzeuge und Sensornetzwerke in einem Testfeld Daten zur Unterwasserumgebung, um in Echtzeit hochauflösende digitale Abbilder der Meere zu erstellen. Damit lassen sich kritische Infrastrukturen wie Kabel, Pipelines oder Offshore-Plattformen besser überwachen und schützen.
Der digitale Zwilling der Unterwasserwelt kommt auch in weiteren Anwendungsfeldern zum Tragen. In Kombination mit anderen Geodaten und KI-gestützten Anwendungen können beispielsweise alte Munitionsbestände im Meer leichter lokalisiert und geräumt werden. Denn bis heute sind unsere Meere und Ozeane durch konventionelle und chemische Kriegsmunition erheblich belastet. Das verursacht nicht nur ökologische Schäden, sondern beeinträchtigt zugleich ökonomische Entwicklungen wie den weiteren Ausbau der Offshore-Windkraft.
Zusätzlich entwickelt Marispace-X digitale Services und Kollaborationsansätze mit denen Offshore-Windpark über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg effizienter geplant, errichtet und instand gehalten werden können. Auf diese Weise werden diese Prozesse weiter optimiert und der Aufwand sowie Kosten für die Industriepartner deutlich reduziert.
In einem vierten Anwendungsfall zum biologischen Klimaschutz schafft Marispace-X die Grundlage dafür, die CO2-Einsparpotenziale durch sogenannte Makrophyten wie Seegraswiesen oder Algen zu ermitteln und im Kampf gegen den Klimawandel gezielt zu nutzen. Dazu werden über neuartige Analysemethoden Satellitendaten mit Meeresdaten abgeglichen. Dadurch lassen sich geeignete Anbaugebiete für die Pflanzen bestimmen, die eine besonders hohe CO2-Speicherkapazität besitzen.
Mit diesen vier praxisnahen Use Cases adressiert das Projekt Marispace-X gleich mehrere Herausforderungen unserer Zeit und bietet innovative, digitale Lösungen für die maritime Wirtschaft.