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Tagtäglich werden im Gesundheitswesen unzählige Daten generiert, die großes Potenzial haben, unsere Gesundheitsversorgung entscheidend zu verbessern. Der Austausch und die umfängliche Nutzung dieser Daten ist derzeit jedoch noch mit einigen Hürden verbunden. Zwei Projekte des Gaia‑X Förderwettbewerbs – TEAM‑X und HEALTH-X dataLOFT – entwickeln daher innovative Lösungen, die es zukünftig ermöglichen sollen, Daten einfach, sicher und souverän zu teilen. Dafür wurden sie Anfang des Jahres zu Gaia‑X Lighthouse-Projects ernannt.

Die Rolle der Gaia‑X Lighthouse‑Projekte

Leuchtturmprojekte sind wegweisende Initiativen, die die Werte und Ziele von Gaia-X in besonderem Maße umsetzen und als Blaupausen für die Implementierung der Gaia-X-Prinzipien dienen. Sie sind darauf ausgerichtet, spezifische Anwendungsfälle und Branchen zu adressieren und dabei die Vorteile des Gaia-X Datenökosystems aufzuzeigen. Die Vorhaben umfassen eine breite Palette von Anwendungsbereichen, darunter beispielsweise Industrie 4.0, Energie, Mobilität oder öffentliche Verwaltung. Sie zeichnen sich unter anderem durch ihre hohe Marktrelevanz und Skalierbarkeit, ihren Innovationsgrad und ihren Beitrag zur digitalen Souveränität aus. Lighthouse-Projects erfüllen bestimmte Kriterien, die von der Gaia-X Association for Data and Cloud (AISBL) als europäische Dachorganisation festgelegt wurden und im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens geprüft werden.

Vernetzung von Gesundheitsdaten aus verschiedenen Quellen

Bei den beiden Gesundheitsprojekten des Gaia‑X Förderwettbewerbs TEAM‑X und HEALTH-X dataLOFT werden Daten aus dem primären und sekundären Gesundheitsmarkt in einem Datenraum bzw. einer Plattform zusammengeführt und für verschiedene Akteure des Gesundheitswesens wie Patient:innen, Ärzte, Forschende oder Pflegepersonal zugänglich gemacht. Das bedeutet konkret, dass zukünftig unzählige Daten miteinander vernetzt und zur Verfügung gestellt werden können, die primär in der Krankenversorgung in Kliniken, Arztpraxen oder auch Pflegeeinrichtungen und sekundär im Alltag z.B. mit Hilfe von Gesundheits-Apps oder modernen Endgeräten wie Fitness‑Trackern gewonnen werden.

Bürger:innen im Fokus

HEALTH-X dataLOFT und TEAM‑X verfolgen dabei mehrere zentrale Ziele, die den Gesundheitssektor nachhaltig verändern können:

  1. Datensouveränität und Datenschutz: Ein wesentliches Anliegen der Projekte ist es, Bürger:innen die Kontrolle über ihre Gesundheitsdaten zu geben. Sie stehen im Zentrum ihrer Arbeit und sollen im Gegensatz zu den vielen anderen digitalen Angeboten souverän entscheiden können, welche Akteure Zugriff auf ihre Daten erhalten. Gleichzeitig werden mit Hilfe der dezentralen Struktur des Gaia-X Frameworks höchste Datenschutzstandards eingehalten, um die sensiblen, persönlichen Informationen zu schützen.
  2. Förderung von Forschung und Innovation: Durch den sicheren Austausch von Gesundheitsdaten können Forschung und Entwicklung im Gesundheitsbereich beschleunigt werden. TEAM-X und HEALTH-X dataLOFT schaffen mit ihren technischen Anwendungen eine Grundlage, auf der innovative Ansätze wie personalisierte Gesundheitsdienste, Künstliche Intelligenz in der Diagnostik, neue Therapien oder digitale Assistenzsysteme in der Pflege (weiter)entwickelt werden können.
  3. Interoperabilität und Skalierbarkeit: Die Projekte legen großen Wert darauf, dass die entwickelten technischen Lösungen interoperabel sind, also mit anderen Systemen und Plattformen problemlos zusammenarbeiten können. Dies ermöglicht eine breite Verwendung und hohe Skalierbarkeit der Anwendungen, sodass sie sogar in verschiedenen europäischen Ländern und Gesundheitssystemen eingesetzt und damit auch an den von der EU geplanten Europäischen Gesundheitsdatenraum (EHDS) angeschlossen werden können. Darüber hinaus sind durch die Gaia-X Konformität und offenen Schnittstellen weitere Anschlussmöglichkeiten an andere Datenökosysteme z.B. im Bereich der Mobilität gegeben.
  4. Transparenz und Vertrauen: Um das Vertrauen der Nutzer:innen zu gewinnen, setzen HEALTH-X dataLOFT und TEAM-X auf Transparenz. Die Nutzenden der Plattformen und digitalen Dienste sollen genau nachvollziehen können, wie und von wem ihre Daten verarbeitet werden und welche Vorteile sich daraus ergeben. Die expliziten Zustimmungen zur Datenverarbeitung können auch granular wieder entzogen werden, was den Nutzenden volle Souveränität über ihre Daten garantiert.

Datenbasierte Medizin und länderübergreifende Gesundheitsversorgung

Besonders im Hinblick auf den europäischen Gesundheitsdatenraum leisten die Projekte eine wichtige Vorarbeit. Der EHDS ist eine wegweisende Initiative der Europäischen Union, die den sicheren Austausch und die gemeinsame Nutzung von Gesundheitsdaten erleichtern soll. Ziel ist es, Patientendaten, Forschungsergebnisse und klinische Informationen europaweit grenzüberschreitend zugänglich zu machen. So könnten beispielsweise Krankenhäuser und medizinisches Personal in Spanien zukünftig bei einem Unfall im Urlaub auf die elektronische Patientenakte der Betroffenen zugreifen und diese in der eigenen Landessprache abrufen, um eine passgenaue Versorgung zu gewährleisten.

Damit der EHDS umgesetzt werden kann, müssen diese sensiblen Daten aus verschiedenen Quellen sicher abrufbar sein. Hier setzen Gaia‑X Datenraumprojekte wie TEAM‑X und HEALTH-X dataLOFT an. Als Vorreiter in ihrer Branche bearbeiten sie bereits seit Beginn des Förderwettbewerbs die vielfältigen rechtlichen, technischen, ökonomischen und organisatorischen Herausforderungen des Datenteilens speziell im Gesundheitswesen. Sie tragen somit entscheidend dazu bei, die Grundlagen für eine effektive Umsetzung des Europäischen Gesundheitsdatenraums zu schaffen.

Mehrwerte für die Gesundheitsbranche

Auch kleine und mittlere Unternehmen profitieren von der Pionierarbeit, die die Konsortien in den beiden Gesundheitsprojekten leisten. Denn gerade für diese Unternehmen ist es in Zeiten der digitalen Transformation eine Herausforderung, wettbewerbsfähig zu bleiben und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Nicht selten fehlt es an finanziellen Mitteln, Zeit oder Personal. Das vertrauenswürdige Datenökosystem, das durch die Förderprojekte vorangetrieben wird und auf gemeinsamen Standards bzw. Werten beruht, befähigt auch KMU und Start-Ups aus dem Gesundheitsbereich dazu, datengetriebene Geschäftsmodelle, Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln und anzubieten.

Bereits jetzt entstehen z.B. erste Anwendungen und Advanced Smart Services, die es den Nutzer:innen erlauben, ihre Daten zur Verwertung in der Forschung freizugeben. Dabei können Patient:innen unter anderem Informationen wie Arztbriefe oder Laborberichte nach einem Krankenhausaufenthalt direkt am Mobilgerät abrufen und selbstbestimmt entscheiden, ob sie diese wertvollen persönlichen Daten an Forschungseinrichtungen weitergeben möchten, die an einer speziellen Thematik oder Krankheit forschen und auf große Mengen an realen Daten angewiesen sind. Das Besondere daran ist, dass die Datengeber:innen zu jeder Zeit die Kontrolle behalten, indem sie die Möglichkeit erhalten, nur bestimmte Verwendungszwecke für die Daten festzulegen oder auch den Zugriff darauf wieder zu entziehen.

Bild: Demonstrator TEAM-X

Zudem können auf Basis eines entstehenden Gesundheitsdatenraums als weiteres Beispiel neue Konzepte, Plattformen und Dienste zur Aufbereitung von medizinischen Daten umgesetzt, verbessert und bereitgestellt werden. Hier können Unternehmen zusätzliche innovative Lösungen schaffen und auf den Markt bringen, die etwa die gesamte Anonymisierung und Pseudonymisierung von Daten unter anderem für Forschungseinrichtungen, Pharma- und Medizintechnikunternehmen oder KI-Entwickler übernehmen.

Bild: Demonstrator HEALTH-X dataLOFT App

Erfolgversprechende Zukunftsstrategien

Um die wertvollen Erkenntnisse und Lösungsansätze auch über die Projektlaufzeit hinaus zu sichern und darauf aufbauen zu können, erarbeiten HEALTH-X dataLOFT und TEAM‑X teilweise gemeinsam zukunftsträchtige Strategien der Weiterverwertung. Die Projekte setzen dabei vor allem auf wertschöpfende Kooperationen und Partnerschaften mit anderen Akteuren im Gesundheitswesen. Mit dem neu gegründeten, gemeinwohlorientierten Verein – der European Health Data Alliance e.V. (EHDA) – verfolgen die Gaia‑X Leuchtturmprojekte das Ziel, die Entwicklung bürgerzentrierter Gesundheitsdatenräume in Europa weiter voranzutreiben und die Innovationskraft der Branche zu stärken. Der Verein bringt dazu als zentrale Anlaufstelle viele verschiedene Gesundheitsexpert:innen zusammen: Er bietet Unternehmen, Forschungsinstitutionen oder Organisationen die Möglichkeit, sich miteinander zu vernetzen und unterstützt entsprechende Initiativen in ihrer Entwicklung von EHDS-konformen Technologien. Zum Teil entstehen innerhalb der Konsortien aber auch eigene Organisations- und Betreibermodelle für die moderne, datenbasierte Gesundheitsversorgung der Zukunft.

TEAM‑X und HEALTH-X dataLOFT sind gute Beispiele dafür, wie Gaia‑X die digitale Transformation im Gesundheitswesen vorantreibt. Die Projekte zeigen, dass es möglich ist, revolutionäre Technologien im Einklang mit den Werten des Datenschutzes und der Datensouveränität zu entwickeln und anzuwenden. Langfristig könnten die Projekte mit ihren Ansätzen den Weg für eine neue Ära im Gesundheitswesen ebnen, in der Daten sicher und effizient genutzt werden, um die Gesundheitsversorgung für alle Menschen zu verbessern. Diese Projekte machen die Vision von Gaia-X greifbar und schaffen ein Modell mit Vorbildcharakter, das weit über die Grenzen Deutschlands und Europas hinausstrahlen kann.

Weitere Informationen zu den Projekten gibt es hier:

↗ TEAM-X

↗ HEALTH-X dataLOFT

Verfasst von Verena Bartels und Dennis Appelt