Zum vierten Mal traf sich im November die internationale Community zum Gaia-X Summit. Gastgeber waren in diesem Jahr die spanische Regierung, die derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, sowie der Gaia-X Hub Spanien. Der Gipfel in Alicante verdeutlichte, dass Gaia-X aus den Kinderschuhen herauswächst. Europas Initiative für ein gemeinsames Datenökosystem schaltet von der Aufbau- in die Umsetzungsphase und präsentierte sich auf dem Branchentreffen mit einem neuen Gesicht an der Spitze.
Neuer CEO präsentiert Strategie
Gerade erst neun Tage im Amt stellte Ulrich Ahle auf dem Gaia-X Summit erstmals seine Pläne für die Gaia-X Association of Data and Cloud Infrastructure (AISBL) vor. Vier Schwerpunkte will der neue CEO bei der Arbeit des Dachverbands setzen. Nach den Aufbaujahren muss Gaia-X jetzt vor allem eines: sich in der Praxis bewähren!
- Hierzu wollen Ahle und sein Team das Vertrauen bei den Endanwender:innen stärken. Zum Beispiel sollen mehr Referenzberichte die Erfahrungen mit Gaia-X für alle Interessierten zugänglich machen. Auf der Agenda steht auch der Ausbau der Arbeit mit politischen Akteuren, um die Rückendeckung für die entstehende Datenwirtschaft in der EU zu gewährleisten. Geplant ist ebenso eine intensivere Zusammenarbeit mit Cloud-Service-Providern, um das Angebot an Infrastrukturdiensten für Datenraumprojekte zu erweitern.
- Als zweite Säule seiner Strategie nannte Ahle die Marktreife der Gaia-X-Technologie. „Wir müssen Technologien zur Verfügung stellen, die für alle zugänglich, quelloffen und kostenlos sind“, sagte er in Alicante. Eine Herausforderung hierbei: Gaia-X ist ein Gemeinschaftsprojekt. Kein einzelnes Unternehmen entscheidet über die Geschicke der Initiative, sondern ein ganzes Netzwerk beitragender Organisationen und Expert:innen. Der Gaia-X-Code ist quelloffen und liegt unter Open-Source-Lizenz vor. Darum hat die Unterstützung für die Open-Source-Community Priorität für den Dachverband. Eine weitere Herausforderung ist, dass Gaia-X nicht die einzige Initiative für die Entwicklung von Datenökosystemen ist. Entsprechend will der neue CEO sich noch enger mit anderen Pionierorganisationen auf diesem Feld im Rahmen der Data Spaces Business Alliance abstimmen.
- Die Initiative soll sich aber nicht nur technologisch weiterentwickeln. Gaia-X muss wachsen und fitter werden. So sollen in weiteren EU-Mitgliedsstaaten Gaia-X Hubs als Anlaufstellen für Unternehmen, Forschung und Praxis entstehen. Ausschüsse und Entwicklungsvorhaben sollen effektiver arbeiten und insgesamt mehr neue Mitglieder für die Communityarbeit gewonnen werden.
- In Alicante richtete man den Blick schließlich über Europa hinaus mit dem Ziel die Initiative global zu vernetzen und Partnerschaften mit internationalen Mitgliedern mit einem breiten Wissensspektrum zu suchen. Auch praktisch werde Gaia-X die Anforderungen anderer Wirtschaftsregionen, etwa bei der Definition von Labels, berücksichtigen und abbilden.
Start der ersten Clearinghouse-Dienste
Der Summit konnte außer neuen Plänen zudem konkrete Fortschritte melden: Das „Gaia-X Digital Clearing House“ (GXDCH), das im März 2023 angekündigt wurde, ist nun verfügbar. Die ersten drei Dienstleister Gaia-X Lab, Aruba und T-Systems haben bereits ihr eigenes Angebot gestartet. Über diese Vertrauensinfrastruktur können Anbieter von Daten oder Diensten die Konformität mit den Gaia-X-Regeln nachweisen. Die Gaia-X AISBL überwacht den ordnungsgemäßen Betrieb dieser Clearingstellen. „Die hohe Beteiligung unserer Mitglieder an der Nutzung des Gaia-X Clearing House ist bemerkenswert. Die erste Version ist in Betrieb und wir laden alle ein sie zu nutzen, um interoperable föderierte Datenökosysteme aufzubauen“, sagte Pierre Gronlier, CTO von Gaia-X.
„Europa ist keine Insel in der Datenökonomie“
Die wichtigste Botschaft, die der Gipfel in Alicante aussandte, knüpfte wieder an die Pläne an, die Initiative über Europa hinaus zu vernetzen. Gaia-X ist Teil zahlreicher anderer Vorhaben für eine datenbasierte Weltwirtschaft. In Vorträgen und Panels waren sich alle Expert:innen einig, dass Europa nicht isoliert ist und Gaia-X kein rein europäisches Projekt bleiben kann. Auf den Punkt brachte es Kazuo Nakashima: Aus Tokio zugeschaltet, sagte der General Manager der Robot Revolution & Industrial IoT Initiative: „Es ist wirklich schwierig, ein robustes Framework für den Datenaustausch zu finden. Die Herausforderungen, vor denen wir alle stehen, betreffen nicht nur ein Unternehmen oder ein einziges Land!“ Der US-Amerikaner Douglas Ramsey, Managing Partner bei Axial Global Advisors, sprach von der Demokratisierung der industriellen Produktion. „In Zukunft werden wir Liefer- und Wertschöpfungsketten teilen. Dazu müssen wir aber die Vorbehalte abbauen, proprietäre Daten mit Dritten zu teilen!“ Diese Stimmen kamen nicht zufällig aus exportstarken Nationen. Die Fähigkeit, Daten sicher und souverän zu teilen wird zur Voraussetzung für erfolgreichen Handel in der Zukunft – und Gaia-X ist erst der Anfang.